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Erst wählen, dann quälen

Wie Hagens Trainer Carsten Werde sein Team auf einen ganz besonderen Sonntag vorbereitet hat

Fußball ist viel mehr, als nur Bälle ins gegnerische Tor zu schießen. Zumindest sieht es Carsten Werde so. Der Trainer von Fußball-Landesligist FC Hagen/Uthlede fühlt sich nämlich nicht nur fußballerisch verantwortlich für seine Spieler, sondern hat in den vergangenen Wochen auch eine politische Ebene in das mannschaftliche Miteinander gebracht. Und so verwundert es nicht, dass Werde vor dem Auswärtsspiel bei Eintracht Cuxhaven zwei Ziele formuliert: „Wir wollen natürlich unbedingt drei Punkte im Derby holen. Und ich möchte, dass vorher alle Spieler zur Wahl gegangen sind.“

Da dem Hagener Trainer beide Sachen enorm am Herzen liegen, hat sich Werde schon zu Beginn der Saison – mit Blick auf die Bundestagswahl – etwas ganz Besonderes ausgedacht. In speziellen Trainingsformen und -spielen konnten sich seine Spieler Punkte für eine sogenannte Trainingsliga erkämpfen. Die fünf Letztplatzierten in diesem Ranking bekamen dann eine, nennen wir es mal, politische Aufgabe. Andere würden es vielleicht Strafarbeit nennen, in jedem Fall war es eine völlig neue Herausforderung für die Beteiligten.

„Diese fünf Spieler mussten ein kleines Referat zu den fünf großen Parteien ausarbeiten und dann nach dem Training vor der Mannschaft vortragen“, erklärt Werde. Jeder Spieler stellte eine Partei vor. Die SPD und die CDU bereits vor zwei Wochen, am gestrigen Freitagabend kamen nun noch die Grünen, die FDP und Die Linke dran. Welche Spieler welche Parteien und deren Inhalte zusammenfassen mussten, wollte Werde nicht im Detail verraten. „Aber ich habe die Parteien den jeweiligen Spielern schon gezielt zugeteilt“, ließ sich der Coach mit einem Schmunzeln entlocken.

Ohne Frage, Werde versucht sein Team optimal vorzubereiten auf diesen nicht alltäglichen Sonntag – in jederlei Hinsicht. Zum einen die Bundestagswahl, zum anderen das emotionsgeladene Cuxland-Derby. Viele heftig umkämpfte Duelle hat es in den vergangenen Jahren zwischen diesen beiden Klubs gegeben. Am Sonntag sind die Vorzeichen allerdings etwas anders. Eintracht Cuxhaven hat vor der Saison gleich mehrere Leistungsträger Richtung ESC Geestemünde ziehen lassen müssen. Von den bisherigen sechs Saisonspielen gingen fünf verloren, die Eintracht ziert mit nur drei Zählern das Tabellenende der Landesliga.

„Cuxhaven hat einen klaren Verjüngungskurs eingeschlagen und wusste, dass es schwer wird. Chancenlos sind sie aber ganz sicher nicht“, warnt Werde. „Man darf gespannt sein, wie das Team nun mit dieser Derbyatmosphäre umgeht.“ Der Hagener Coach muss auf zahlreiche Leistungsträger verzichten: Axel France, Justin Dähnenkamp, André Stüßel, Jöran Korf und Martin Roes sind allesamt verletzt, zudem fehlt Christoph Müller aus privaten Gründen. „Die Elf, die auf dem Platz stehen wird, wird trotzdem eine ziemlich hohe Qualität haben“, macht sich Werde diesbezüglich keine Gedanken.

Und wer weiß: Vielleicht hat sich der eine oder andere Spieler mit einem vorzüglichen Politik-Referat ja gestern Abend auch noch für einen Einsatz empfohlen.


Quelle: Weser-Kurier vom 23.09.2017 verfasst von Tobias Dohr