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Fern vom Optimum

Hagens Fußballer können vor allem gegen die Topteams ihr Potenzial nicht abrufen – und werden „nur“ Dritter

Wie die Zeiten sich doch ändern. Als der FC Hagen/Uthlede im Sommer 2013 den direkten Wiederaufstieg in die Fußball-Landesliga Lüneburg geschafft hatte, da war man bei den Kickern von der Blumenstraße glücklich, dass es im Jahr darauf zu Platz zehn reichte. Der Klassenerhalt war ohne Zweifel ein Erfolg für den kleinen und noch jungen Verein aus dem Cuxland. Doch nur drei Jahre später haben sich die Ansprüche gewandelt.

Dass nach einem dritten Platz im Abschlussklassement die zurückliegende Saison durchaus kritisch hinterfragt wird, zeigt, wie rasant die Entwicklung beim FC zuletzt nach oben ging. Platz drei, Platz zwei, nun wieder der dritte Rang. „Wir müssen uns immer vor Augen halten, wo wir herkommen, was wir für ein Verein sind“, sagt Carsten Werde. Der Hagener Trainer weiß natürlich zu gut, dass Traditionsklubs wie Eintracht Lüneburg, Teutonia Uelzen oder auch der Rotenburger SV eine ganz andere Historie haben.

Werde weiß aber eben auch, dass sich sein „kleiner“ FC Hagen/Uthlede längst nicht mehr hinter diesen Klubs zu verstecken braucht. Weder was den Erlebnisfaktor angeht – der FC ist definitiv ein Stück weit Kult in der Region –, und schon gar nicht hinsichtlich der sportlichen Qualität. Und genau das führt eben dazu, dass die Grün-Schwarzen die abgelaufenen zwölf Monate durchaus zwiespältig analysieren. „Es war sicherlich keine typische Saison, alleine schon wegen des Trainerwechsels“, sagt Werde.

Anfang Februar 2016 hatte der FC Hagen/Uthlede Max Klimmek als neuen Cheftrainer vorgestellt. Der hatte daraufhin viele Monate Zeit, um sich eine Mannschaft nach seinen Wünschen zusammenzustellen. Zwar musste er auf Toptorjäger Patrick Müller verzichten, doch dafür konnte Klimmek seinen alten Kumpel Daniel Grimm zu einem Wechsel nach Hagen bewegen. Hinzu kam die „Bornreiher Fraktion“ mit Christoph Müller, Michel Klimmek und Jan Wohltmann.

„Es war sicherlich ein anderer Fußball, den wir gespielt haben.“ Hagens Trainer Carsten Werde

Mit Marlo Burdorf und Tjark Seidenberg gingen allerdings auch zwei Wortführer vorübergehend nach Australien – und wie sehr diese beiden „aggressive leader“ dem Team fehlten, war von Anfang an zu erkennen. Das typische Charakteristikum, das diese Hagener Mannschaft in den Jahren zuvor ausgemacht hatte, schien unter dem eher ruhigeren Trainertypen Klimmek ein Stück weit verloren gegangen zu sein. „Es war sicherlich ein anderer Fußball, den wir gespielt haben“, sagt Carsten Werde, „nicht mehr so wild, sondern eher bedacht und routiniert“.

Ob es auch daran lag, dass die Hagener plötzlich Rückschläge nicht mehr so gut wegsteckten? Jedenfalls war besonders der Saisonstart geprägt von Hopp-oder-Top-Ergebnissen. Ein 1:0 war praktisch gleichbedeutend mit einem Erfolg, ein Rückstand wurde aber so gut wie nie in einen Sieg umgebogen. Neun Spiele, fünf Siege, vier Unentschieden. Das war zu wenig für einen ernsthaften Titelaspiranten.

Doch dann folgten fünf Siege in Serie, und der FC Hagen/Uthlede überwinterte schließlich doch noch auf dem Platz an der Sonne. Auch Defensivstratege Marlo Burdorf war mittlerweile wieder dabei – trotzdem blieb die Inkonstanz die einzige Konstante beim Klimmek-Team. Dann verkündete der Trainer im Januar – für Außenstehende doch recht überraschend – seinen Rückzug zum Saisonende und musste mitansehen, wie sich seine Mannschaft eher schlecht als recht in die Rückrunde quälte. Nach vier Spielen mit nur einem Sieg, einem Remis und zwei Niederlagen gegen die Spitzenteams Harsefeld und Celle warf Klimmek schließlich das Handtuch. Carsten Werde übernahm.

Die Meisterschaft war längst außer Reichweite, was nicht zuletzt an der miserablen Bilanz gegen ebenjene Topteams lag. Gegen die direkte Konkurrenz aus Celle, Harsefeld und Lüneburg holten die Hagener mickrige 7 von 18 möglichen Punkten. „Wir müssen künftig vor allem daran arbeiten, gerade in diesen Spielen wieder die absolute Siegermentalität zu entwickeln“, sagt Werde, dessen Punktebilanz aus den verbleibenden acht Saisonspielen beachtlich ist. Fünf Siege, zwei Unentschieden und eine Niederlage ergeben einen durchschnittlichen Wert von 2,1 Punkten pro Spiel. Wohlgemerkt obwohl es in der Saison-Schlussphase eigentlich um nichts mehr ging. Zum Vergleich: Max Klimmek kam auf 1,9 Punkte pro Spiel.

Werde hatte am Ende der Saison allerdings auch wieder einen fast vollständigen Kader zur Verfügung. „Der Konkurrenzdruck war so, wie ich es mir wünsche. Die Jungs haben am Ende richtig gut mitgezogen“, sagt der frisch gebackene B-Lizenzinhaber. Das war offenbar nicht immer so, obwohl der Kader in der Breite – trotz des Müller-Abgangs – deutlich besser aufgestellt war als im Jahr zuvor.

Für Carsten Werde und sein Team geht es jetzt vor allem um eines: „Wir müssen herausfinden, welchen Fußball wir spielen wollen, für welchen Stil wir stehen.“ Den „Hurra-Fußball“ der Gunnar-Schmidt-Ära, für den diese Mannschaft von ihren Anhängern so geliebt wurde, hat man an der Blumenstraße in den vergangenen zwölf Monaten nur selten gesehen. Auch Werde legte in seinen acht Partien als Headcoach großen Wert auf eine stabile Defensive – und hatte damit für den Moment Erfolg. Fünf Gegentore in acht Spielen sind eine für Hagener Verhältnisse geradezu herausragende Bilanz. Nun geht es darum, herauszufinden, wie nachhaltig dieser Werde-Weg ist – und wie ihn diese außergewöhnlich veranlagte Hagener Mannschaft mitgehen will.