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Der Ruf nach Kunstrasen

Regen, Frost, Regen – alle Fußballvereine im Landkreis kämpfen in dieser Saison verstärkt mit den Widrigkeiten des Wetters. Der Ruf nach Kunstrasenplätzen wird lauter, angeschoben hat das Thema die Kreis-CDU. Deren Pläne stoßen aber nicht überall auf Gegenliebe.

Torben Janßen, Torwart bei der SG Stinstedt in der Bezirksliga Lüneburg 4, schwärmt von den Vorzügen eines Kunstrasenplatzes: Top-Bedingungen, eben, keine kleinen Hügel. „Man kann spielen, egal, wie das Wetter ist.“ Er kennt aber auch die negativen Begleiterscheinungen. „Bei Hitze im Sommer brennt nicht nur die Sonne.“ Schürfwunden treten auch bei der neusten Generation der Kunstrasenplätze immer noch auf. „Auf Naturrasen spiele ich lieber, es sei denn, das ist ein Acker. Man wirft sich auch lieber auf weicheren Boden.“ Der 23-Jährige spielt in Stinstedt auf Naturrasen, in der Bezirksliga haben nur einige Stader Vereine Kunstrasenplätze. Der Bremerhavener hat aber in Surheide jahrelang auf Kunstrasen gekickt. „Prinzipiell finde ich die Initiative für mehr Kunstrasenplätze aber gut.“ So könne bei schlechtem Wetter trainiert und auch gespielt werden.

Obwohl bald Mai ist, haben die Vereine noch nicht alle ausgefallenen Spiele nachgeholt. So hat Stinstedt 23 Spiele, Hedendorf/Neukloster mit Kunstrasenplatz schon 27. Bei frostigen Temperaturen trat Stinstedt im Kreis Stade an. Auch Janßens Teamkollege Axel Sander war dabei. „Ich spiel gerne auf Kunstrasen, weil man den Ball gut laufen lassen kann. Aber künftig werde ich den Untergrund meiden, da ich hinterher immer starke Schmerzen im Knie hab.“ Auch der 27 Jahre alte Mittelfeldstratege sieht die Vorteile vor allem im Trainingsbetrieb („Dann muss man nicht immer nur Laufen gehen“) und am Ende der Saison ballten sich nicht die Nachholspiele. Die Gemeinde Loxstedt, zu der Stinstedt gehört, plant im neuen Sportpark bereits mit einem Kunstrasenplatz. CDU-Kreischef Enak Ferlemann hat ein Ohr für die Fußballspieler, fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen Landkreisen. Deshalb soll jede Einheitsgemeinde bzw. Samtgemeinde einen Kunstrasenplatz erhalten. „Wir wollen nach und nach die Kreissportplätze sanieren und mit einem Kunstrasenplatz versehen.“ Am besten wäre auch noch eine Laufbahn für die Leichtathletik.

Wir wollen nach und nach die Kreissportplätze sanieren und mit einem Kunstrasenplatz versehen. Enak Ferlemann, CDU-Kreischef

500000 Euro würde ein solcher Hybrid-Rasen (Mischung aus Kunst- und Naturrasen) kosten. Für den Haushalt 2019 sollten schon Mittel bereitgestellt werden. „Mit einer Million Euro könnten wir jedes Jahr zwei Kunstrasenplätze bauen.“ Die Kreisverwaltung müsste bis zum Herbst eine Bedarfsanalyse anfertigen, an welcher Kreisschule am dringendsten ein neuer Platz benötigt werde. An einem Standort möchte er sogar eine Anlage ertüchtigen, die mit Laufbahn auch zum Beispiel für Leichtathletik-Landesmeisterschaften geeignet ist. Ferlemann denkt dabei an Langen. „Dort gibt es schon jetzt die besten Voraussetzungen.“ In der Kooperation von CDU, SPD, Grünen und FDP herrscht zu dem Thema alles andere als Einigkeit, vom großen Knatsch ist gar die Rede. Insbesondere die Sozialdemokraten gehen auf Konfrontationskurs. Claus Johannßen, SPD-Fraktionschef im Kreistag, hat noch Klärungsbedarf in der Kooperation. Er sehe sich dabei auf einer Linie mit dem Kreissportbund. Er zitiert deren Chef, Edmund Stolze, der gesagt habe: „Es gibt noch was anderes außer Fuß- ball.“ Stolze bestätigt die Aussage. „Ich bin für alle Sportarten da und für alle Vereine.“ Er habe zudem gehört, dass in anderen Regionen mehr Spiele ausgefallen seien als im Cuxland. Stolze und Johannßen favorisieren ein anderes Modell. Eine Bezuschussung an die Gemeinden, analog zur heutigen Förderung von Vereinen, die über den KSB Gelder beantragen können. „Das Wissen liegt eher bei den Gemeinden als bei den Kreispolitikern“, so Johannßen. In den 90er Jahren habe es im Kreis diese Förderung schon mal gegeben. In Zeiten knapper Kassen sei sie jedoch abgeschafft worden. Als zusätzliche Förderung ist dies auch für Ferlemann denkbar. Johannßen verweist auch darauf, dass gar nicht an allen Kreisschulen genug Platz für einen Kunstrasenplatz sei, ebenso sei Lärmbelästigung ein Thema. Das gilt zum Beispiel für einen potenziellen Standort, die Oberschule in Bad Bederkesa. Jörg Schröder, Vorsitzender des FC Geestland und CDU-Kommunalpolitiker, weiß um die Schwierigkeiten an der Oberschule (wegen Lärmbelästigung darf auf dem Schulsportplatz kein Fußball gespielt werden), begrüßt aber die Initiative der CDU. „Beim Standort ist es auch Auslegungssache.“ Auf Beers bezogen heißt das, wie weit ein Kunstrasenplatz von der Kreisschule entfernt liegen darf. An der Seminarstraße könnte ein Kunstrasenplatz entstehen, knapp einen Kilometer entfernt von der Oberschule. „Der Platz kann dann auch von Kindergarten, Grundschule und NIG benutzt werden.“ Wie wünschenswert ein Hybridplatz sei, könne man bei den Oberliga-Frauen des FC Geestland sehen, wo vier Partien in einer Woche angesetzt waren. „In anderen Bezirken konnten die Frauen durchgehend draußen spielen.“ Ähnlich argumentiert Wilfried Roes, Leiter Herrenspielbetrieb des FC Hagen/Uthlede, deren Team in der Landesliga um den Oberliga-Aufstieg spielt. Der wäre vielleicht gefährdet gewesen, wenn die Hagener nicht Testspiele und Training auf Kunstrasenplätzen in Bremerhaven und Bremen hätten machen können. „Diese Spielzeit hat uns endgültig die Augen geöffnet.“ Wenn er sage, er wünsche sich einen Kunstrasenplatz, sei das stark untertrieben. Man wolle sich nicht nur für die Herren als ranghöchstem Landkreis-Team einsetzen, „sondern auch für die Jugend und die Schulen“. Der Verein gehe auch in Vorleistung, für 70000 Euro werde eine Flutlichtanlage gebaut, „was nützt uns sonst ein Kunstrasenplatz, wenn wir abends im Herbst nicht darauf spielen können?“. Für ihn ist klar: „Wir bleiben am Ball. Wir werden Herrn Ferlemann jedes Mal an seine Worte erinnern, wenn wir ihn sehen.“

Standpunkt von Christian Döscher

Wenn ich das Wort Kunstrasenplatz höre, denke ich sofort an Spiele auf dem früheren Platz in Bederkesa, Hautabschürfungen ließen mich unter der Dusche aufjaulen. Regelmäßig qualmten bei Hitze auch die Füße. Nun sind die heutigen Hybridrasen mit den Kunstrasenplätzen von damals nicht mehr zu vergleichen, aber es gibt nun mal nichts Schöneres als einen saftigen, gut gepflegten Naturrasen. Nur gab es den diese Saison kaum, zu schlecht war das Wetter. Jetzt reiht sich ein Nachholspiel an das andere. Da können Kunstrasenplätze für Entlastung sorgen, gerade auch im Training. Nur soll keiner glauben, dass alle Vereine gleichermaßen darauf spielen können, auch wenn die Nutzungsstunden bis zu fünf Mal höher sind als bei einem Naturrasen. Da wird es noch fröhliche Diskussionen geben, warum die „Erste“ ihn nutzen darf, die Alte Herren aber auf den Kartoffelacker muss. Für die Politik sollte es einen Mix an Lösungen geben: Förderung von Kunstrasenplätzen, aber auch von Kommunen, die dann selbst entscheiden können, was bei ihnen dringend saniert werden muss. christian.doescher@nordsee-zeitung.de

Vereine werden schon reichlich bezuschusst

  • Schon jetzt gibt es für Vereine die Möglichkeit, über den Kreissportbund Fördergelder einzuwerben.
  • Das Land Niedersachsen hat 2012 einen Fördertopf aufgesetzt. Der KSB konnte aus diesem Topf seit 2014 mehr als 655000 Euro an seine Mitgliedsvereine ausschütten. Davon erhielten die Vereine in der Stadt Cuxhaven allein 108 000 Euro.
  • Insgesamt wurde in den vergangenen fünf Jahren ein Bauvolumen von 2388000 Euro in Auftrag gegeben. „Davon profitierten im besonderen Maße auch die ausführenden Firmen im Landkreis“, sagte Jürgen Plate, der bis zu seinem Ausscheiden auf dem Kreissporttag im April als KSB-Vize für die Anträge zuständig war. Die Vereine müssen sich an den Bauvorhaben mit mindestens 20 Prozent der förderfähigen Ausgaben beteiligen. Weiter hätten sich die jeweiligen Kommunen und der Landkreis mit Fördergeldern in Höhe von jeweils 20 Prozent eingebracht.
  • Eine Selbstverständlichkeit sei dies nicht, betonte Plate, der für die Vereine SG Blau-Weiß Stubben (58800
    Euro), TV Gut Heil Spaden (55200), FC Hagen/Uthlede (17340), Hagener SV (12600), TSV Sievern ( 11200), SV Wittstedt (10228), Seglervereinigung Cuxhaven (9910), Küstengolfklub „Hohe Klint“ (7432), TSV Otterndorf (7350), TSV Bederkesa (4800) und dem Reitverein Bülkau (3409) eine gute Nachricht hatte. Mit den Fördermitteln wollen die Vereine insbesondere in die Sanierung von Sanitärräumen, Flutlichtanlagen und energetische Erneuerungen investieren.
  • Der Kreissportbund Cuxhaven bietet für interessierte Vereine neben dem Qualifix-Seminar „Sportstättenbau – Von der Idee bis zur Nutzung“ auch Beratungsgespräche zu den Fördermöglichkeiten an. www.ksb-cuxhaven.de

Quelle:Nordsee-Zeitung vom 27.04.2018 verfasst von Christian Döscher