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Frotzeleien gehören dazu

Der Senior war einst ein Ausnahmekicker bei Oberligist Blumenthal, der Junior startet gerade beim FC Hagen/Uthlede durch: Wenn Volker und Lars Janssen über Fußball fachsimpeln, wird’s interessant.

Beckedorfs Trainer und seine Nachwuchstalente im Mai 2009: Volker Janssen mit Lars Janssen, Nick Peters und dem heutigen Bornreiher Jacob Geber (von links).

Beckedorfs Trainer und seine Nachwuchstalente im Mai 2009: Volker Janssen mit Lars Janssen, Nick Peters und dem heutigen Bornreiher Jacob Geber (von links).

Volker Janssen und sein Sohn Lars haben vieles gemeinsam. Das Hobby, den Fußballsport. Beide galten/gelten als hochveranlagt. Sie besuchten die gleiche Schule und arbeiten als Honoraranlagenberater im Büro in Bremen-Vegesack – der Vater als Inhaber, der Sohn auf 400-Euro-Basis. Und beide sind selbstbewusst und redegewandt. Der Vater zählte über viele Jahre zu den Ausnahmefußballern beim Blumenthaler SV, der Sohn startet gerade beim FC Hagen/Uthlede voll durch. Doch zumindest in einem Bereich leben sie in unterschiedlichen Welten: Der 56-jährige Volker Janssen musste die Tore schießen, für den 19-jährigen Lars Janssen gilt es, die Tore zu verhindern. Diese Konstellation bietet viel Raum für Fachgespräche. Und für Frotzeleien.

Beispiel gefällig? „Ich habe gesagt, ich spiele irgendwann höher als der ‚Alte‘. Das habe ich ihm irgendwann versprochen“, sagt der Sohn. Volker Janssen gehörte zum Oberligakader des Blumenthaler SV, zusammen mit Legenden wie Norbert Tietze oder Harry Fraas, Jörg Gliwitzky oder Uwe Selow. Oberliga – das war damals die dritte Liga. „Okay, da muss ich wohl noch etwas ranklotzen“, sagt Lars Janssen und grinst zum Vater rüber. Der FC Hagen/Uthlede ist derzeit Tabellenführer in der Landesliga Lüneburg – der sechsten Liga. Doch der „Alte“ lässt sogleich Dampf vom Kessel: „Die Liga ist nicht alles. Auch das Geld nicht. Da spreche ich aus Erfahrung. Das Ganze muss vor allem Spaß machen.“

Vieles deutet darauf hin, dass die Landesliga noch nicht Endstation sein wird für Lars Janssen. Es mangelt nicht an Anfragen. „Schuld“ daran ist nicht zuletzt der Vater, denn der hatte über viele Jahre hinweg die fußballerische Entwicklung des Sohnes unterstützt. Zunächst war Lars Janssen als Schwimmer bei der DLRG und im Judo aktiv, ehe er mit sechs Jahren beim Fußball landete. Drei Jahre später wurde der Vater der Trainer seines Sohnes, für insgesamt vier Jahre beim SV Grün-Weiß Beckedorf. Auch danach brachte sich der Papa ein. So wurde immer wieder im Garten ein Athletik-Parcours aufgebaut. Koordination, Balance, Schnelligkeit – hier wurde der Grundstein gelegt für die außergewöhnliche Fitness, über die Lars Janssen verfügt. Und der Vater bereitete den Sohn auf den knallharten Konkurrenzkampf vor: „Als Trainer habe ich gesagt, wenn ein anderer auf deiner Position die gleiche Leistung bringt wie du, dann bist du draußen. Lars hat damals gesagt, er fand das irgendwie total ungerecht.“

Der Vater schaut über die Schulter: Volker Janssen und Sohnemann Lars bei der Arbeit im Büro.

Der Vater schaut über die Schulter: Volker Janssen und Sohnemann Lars bei der Arbeit im Büro.

Zahlreiche andere Trainer nahmen sich in den folgenden Jahren des aufstrebenden Talents Lars Janssen an. In einem Bereich ist aber weiterhin der Vater ein wichtiger Ansprechpartner: bei der Spielanalyse. Und da nimmt sich der Vater den Sohn kräftig zur Brust. Zum Beispiel so: „Lars, du warst mal wieder viel zu lieb. Früher, da haben die Stürmer auf dem Platz gelegen und nicht die Verteidiger. Ich merke, ob der Verteidiger auf den Ball geht oder auf den Mann. Und gegebenenfalls muss ich mich dann dagegen wehren.“

Der Vater erklärt, was ein Stürmer mag. Und was er hasst. Er spricht aus eigener Erfahrung. So zum Beispiel: „Früher lief das folgendermaßen ab: Wenn du als Stürmer gleich in der ersten Viertelstunde Alarm gemachst hast und gefährlich warst, dann traute sich dein Gegenspieler nicht mehr nach vorne. Und dann brauchte ich dem auch nicht hinterherzulaufen. Aber der Fußball hat sich gewandelt.“ Sohnemann dazu nur mit einem breiten Grinsen: „Ich habe meinen Vater nie spielen gesehen. Ich habe nur gehört, dass er gut treffen konnte. Und dass er ein ‚Drecksack‘ war.“ Und Lars Janssen hebt vielsagend den Finger, guckt tief in die Augen seines Vaters und sagt dann schelmisch grinsend: „Ich habe dir gesagt, dass du nicht gegen jeden Verteidiger treffen würdest.“

Lars Janssen definiert sich über die Fähigkeit, mit seiner spielerischen Intelligenz in der Innenverteidigung viele Situationen vorauszuahnen und frühzeitig zu bereinigen. Ohne überhartes Einsteigen, ohne Karten. Doch es gibt auch andere Protagonisten beim FC Hagen/Uthlede. So zum Beispiel Kapitän Marlo Burdorf, über den Lars Janssen voller Respekt spricht: „Marlo ist ein ‚Drecksack‘ auf dem Feld, wie ich ihn kenne. Wohlgemerkt nicht unfair! Ganz ausdrücklich, Marlo macht das wirklich super! So wie er aber in einigen Situationen hingeht, da denke mich manchmal, oha, moin Marlo.“

Lars Janssen ist bereits sehr weit, wie der Vater sagt: „Weiter, als ich je war. Bessere Technik, beidfüßig, das ganze Paket stimmt. Er könnte seine Schnelligkeit auf den ersten fünf Metern noch verbessern. Und mir fehlt noch die Abgewichstheit.“ Ganz ähnlich fällt übrigens die Einschätzung seines Trainers während seiner Zeit in der A-Junioren-Regionalliga beim Blumenthaler SV aus. Marcel Kulesha: „Lars gewinnt gefühlte 99 Prozent seiner Zweikämpfe, sowohl in der Luft als auch am Boden. “

Vater und Sohn necken sich gerne und spielen sich die Bälle zu. Doch mitunter ruht auch das Katz-und-Maus-Spiel. So zum Beispiel, als es um das Thema Stipendium in den USA geht. Lars Janssen hatte im Januar 2017 eine Offerte aus San Francisco vorliegen. Der Vater hatte ihm dringend dazu geraten, das Angebot anzunehmen und dort sein Studium fortzusetzen. Lars Janssen lehnte aber ab. Der langen fußballerischen Pause wegen. Denn in den Staaten ruhte der Soccer-Sport für die kommenden sechs Monate. Und nur studieren ohne zu kicken – das war nichts für Lars Janssen. „Das hättest du dir nicht entgehen lassen dürfen, das wirst du irgendwann bereuen“, sagt der Vater. Doch die Retourkutsche lässt nicht lange auf sich warten: „Das war für mich die richtige Entscheidung. Der FC Hagen/Uthlede ist überragend.“

Überragend wäre natürlich auch eine Profilaufbahn. Da gerät der 19-Jährige kurzzeitig ins Träumen: „Wenn sich diese Chance ergeben würde, dann würde ich sie natürlich annehmen. Warum nicht? Ein Lucas Höler zum Beispiel spielte in der Jugend bei Schwanewede, beim VSK und in Blumenthal. Jetzt ist er Profi in der zweiten Liga beim SV Sandhausen.“ Zweite Liga – damit hätte er sogar sein Versprechen eingelöst, den Vater zu überflügeln. Doch Lars Janssen setzt sogleich wieder zur Landung an: „Das wäre natürlich überragend. Aber dazu braucht man ganz viel Glück. Und Glück ist nicht planbar.“ Auch für den Vater nicht.


Quelle: Weser-Kurier vom 22.12.2017 verfasst von Werner Maass