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Kommentar: Die neue Welt

Vielen läuft bei diesem Gedanken ein Schauer über den Rücken: eSoccer in unseren traditionellen Fußballvereinen? Nein, das kann man irgendwie nicht gut finden. Oder doch? Fakt ist: Egal, ob es die ältere Generation mag oder nicht – eSoccer ist ein Phänomen, das zur heutigen Gesellschaft dazugehört. Solche Entwicklungen gab es schon immer. Und selten fanden sie die Älteren gut. Die Augen davor zu verschließen und es zu verfluchen, bringt aber rein gar nichts.

Unsere Vorfahren taten sich seinerzeit auch mit dem Telefon verdammt schwer, oder mit dem Automobil, oder dem Fernseher. Selbst Schlaghosen, Männer mit langen Haaren oder Auto fahrende Frauen wurden von Teilen der Gesellschaft einst als Ende der Zivilisation empfunden. Heute ist es eben das Internet, das spaltet. Und eSports. Doch in den allermeisten Fällen haben Zeitgeist und Fortschritt die Gesellschaft weitergebracht und die Welt vor allen Dingen näher zusammenrücken lassen. Und das ist gut so. Letztlich muss man auch über die jüngsten Trends sagen: Nicht das Internet ist schlecht, sondern unser Umgang damit. Deshalb ist es der absolut richtige Schritt, dass sich der niedersächsische Fußballverband dem eSoccer-Bereich öffnet.

Die Vereine haben in den vergangenen Jahren ohnehin schon mit einem immer größer werdenden Mitgliederschwund zu kämpfen. Es ist an der Zeit, endlich die Augen für die Realität zu öffnen und zu überlegen, wie man sich mit der neuen Welt arrangieren und junge Menschen wieder für das Vereinsleben begeistern kann. eSoccer ist da ein ganz entscheidender Faktor. Gleichwohl ist es in diesem Bereich ein enormer Spagat, den der Verband zu bewältigen hat. Denn eSoccer darf niemals über dem „echten“ Fußball stehen. Das übergeordnete Ziel hinter jeder Bemühung muss lauten: Wie kriege ich die Jugendlichen auf den Fußballplatz? Und nicht: Wie kriege ich die Jugendlichen vor die PlayStation?

Aber warum denn nicht nach dem gemeinsamen Training auf dem echten Rasenplatz noch eine Runde FIFA 19 im Vereinsheim zocken und dabei ein Kaltgetränk genießen? Das ist um ein Vielfaches besser, als die Jugendlichen gar nicht mehr zum Verein zu kriegen. Die Zeiten, in denen 20 Kicker nach dem Training zwei Stunden um einen Tisch herumsaßen und sich unterhalten haben, sind nun mal vorbei. Das kann man gut finden oder nicht. Am Ende ist es aber so. Davon geht die Welt nicht unter. Doch wenn irgendwann die 20 Fußballer gar nicht mehr in der realen Welt zusammenkommen und nur noch zu Hause alleine vor der Konsole sitzen – dann hat unsere Gesellschaft wirklich ein ernsthaftes Problem.


Quelle: Weser-Kurier vom 12.01.2019 verfasst von Tobias Dohr